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KernFilzundSumpf-Wunderland Frankreich

Frankreich hat einen der ältesten Atomkraftwerksparks der Welt. 90 Prozent der AKW sind über 30 Jahre alt, ein Drittel sogar über 40 Jahre. Dass das Risiko mit dem Alter steigt, entspricht allerdings nicht der Erfahrung des letzten Jahres: gerade die jüngsten im Kraftwerkspark sorgen derzeit für Schlagzeilen und bringen Europas Stromnetze in Gefahr. Nur der (viel zu warme) Winter in Europa konnte zeitweise Zwangsabschaltungen in Frankreich verhindern. Strom war in Europa zwar genug da, aber die Leitungskapazitäten nach Frankreich hätten bei großem Heizungsstrombedarf nicht ausgereicht. Um eine Überlastung der Leitungen zu vermeiden, hätten daher Regionen stundenweise vom Netz genommen werden müssen, (sog. Brownout).

 

 

Bild: EDF, Zeitplan für den EPR Flamanville aus 2008. Die Inbetriebnahme sollte im Frühjahr 2012 stattfinden, das Kernkraftwerk ist bis heute (2023) nicht fertig.

Unter dem Einfluß mächtiger Lobbyverbände und militärischer Begierden setzt Frankreichs Politik voll auf Atomenergie. Der Ausbau der Windenergie, die innerhalb 10 Jahren verdoppelt werden sollte, stagniert, das neue Ziel ist die Verdoppelung in 30 Jahren. Aus der Erfahrung, dass der neue EPR Reaktor in Flamanville deutlich hinter dem Zeitplan herhinkt und die Kosten geradezu explodieren (der Rechnungshof spricht von 19 statt 4,5 Milliarden Euro), hätte Frankreich allerdings lernen können. Trotzdem setzt Präsident Macron unbeirrbar auf Atomstrom. Sechs weitere EPR Reaktoren sollen jetzt gebaut werden, mit einer Option auf nochmal 8 dazu. Macron riskiert damit die Energieversorgung des ganzen Landes - und leider würde sich das auf das europäische Stromnetz ausweiten. Sollten die neuen EPR2 Reaktoren ähnliche Verzögerungen und Kostenexplosionen wie der EPR in Flamanville haben, hat Frankreich nicht nur eins, sondern gleich sechs Milliardengräber an der Backe. 90 Prozent aller Reaktoren sind in 10 Jahren über 40 Jahre alt, damit außerhalb der projektierten Betriebsdauern und müssten mit ungeheurem finanziellen Aufwand nachgerüstet werden - sofern das überhaupt möglich ist. Für den Energieversorger EDF, der nach dem Rekordverlust von 2022 fast 60 Milliarden Euro Schulden hat, wird die Finanzierung noch dazu bei erwartbar steigenden Zinsen eine Mammutaufgabe.

Derweil ersetzt Frankreich die Chefposten der wichtigsten Einrichtungen der Atomindustrie durch hochrangige Militärs. Christophe Bourmaud, Konteradmiral und Kommandant des Marinestützpunkts in Toulon ersetzt seit Sommer 2022 einen zivilen Ingenieur als Chef des Commisariat a l'energie atomique CEA in Cadarache, bereits 2021 übernahm der General Christian Bailli die Direktion des Forschungszentrums des CEA in Paris. Ebenfalls in 2021 wurde Admiral Jean Casabianca Generalinspektor für die Sicherheit der nuklearen Einrichtungen, die Generaldirektion für die 56 Atomreaktoren ging an Cedric Lewandowski aus dem Verteidigungsministerium. Admiral Pascal Wilz übernahm derweil die Generalinspektion beim Brennelementhersteller Orano. Letzten November schliesslich wurde 5-Sterne Generalingenieur für Bewaffnung Joel Barre zum Vorsitzenden der interministeriellen Arbeitsgruppe für die Erneuerung des Nuklearparks. Dieser setzte dann Herve Guillou, ex- Chef der Naval Group, laut eigener Homepage "Allround-Experten für marine Verteidigung", als Oberaufseher über die neuen EPR Baustellen ein. (Quelle: Le canard enchaine Feb. 2023)

Diese Vorgänge sind nicht unbedenklich, in Würde scheitern gehört nicht zum Erfahrungsschatz dieser Männer, Täuschen und Verschleiern hingegen ist militärisches Handwerkszeug.

 

Admiral Rickover (1955), Bild: Wikipedia Commons

Ein früher Kollege dieser Herren, US Admiral Rickover, der in den USA mit der Erstellung einer atomgetriebenen Flotte betraut war, hatte eine sehr ernüchterte Ansicht über Atomreaktoren. In einem frustrierten Memo schrieb er bereits 1953: Es gibt zwei Arten von Atomreaktoren, geplante und reale...

Ein geplanter Reaktor hat immer diese Eigenschaften:

  1. Er ist einfach aufgebaut
  2. Er ist klein
  3. Er ist billig
  4. Er ist leicht
  5. Er kann sehr schnell gebaut werden
  6. Er ist sehr flexibel im Einsatz
  7. Es braucht nur noch ein bisschen Entwicklung
  8. Die Bauteile sind fast alle Standardbauteile
  9. Der Reaktor ist in der Konzeptphase, nicht im Bau.

Ein realer Reaktor hat immer diese Eigenschaften:

  1. Er ist im Bau
  2. Er ist hinter dem Zeitplan
  3. Er braucht enorme Entwicklungen von zuvor als trivial angesehenen Bauteilen. Vor allem Korrosion ist ein Problem.
  4. Er ist sehr teuer
  5. Er braucht sehr lange zum Bau wegen ingenieurstechnischer Probleme
  6. Er ist groß
  7. Er ist schwer
  8. Er ist kompliziert.

(https://whatisnuclear.com/rickover.html)

Anti-AKW Demoerinnerung des Tages

2009 Demo in Colmar gegen das AKW Fessenheim

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