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30.06.2020: Rede zur Abschaltung des AKW Fessenheim

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30.06.2020: Rede zum Abschalttag des AKW Fessenheim

Ein Märchen.

Rede zur Abschaltdemo Fessenheim 30.06.2020 Freiburg Platz der alten Synagoge

Vor vielen, vielen Jahrhunderten, da lebte ein König, der hieß Dionysios. Dieser König ist heute fast vergessen, aber seinen Diener, den kennt noch jetzt fast jedes Kind.

Dionysios liebte es, Feste zu feiern. Rauschende Feste, mit viel Glitzer und Glanz, und seine Untertanen durften ihm immerhin dabei zusehen. Einer seiner Diener, Damokles, beneidete den König, er wollte auch mal gerne auf dem Platz des Königs sitzen und sich feiern lassen. Als der König das hörte, rief er ihn zu sich und gewährte ihm, einmal auf seinem Platz ein Fest zu feiern. Über dem Kopf des Damokles lies der König aber ein Schwert aufhängen, nur mit einem Pferdehaar befestigt, so dass es jederzeit herunterfallen und ihn erschlagen konnte. Damokles konnte das Fest gar nicht so richtig genießen, weil das schwere Schwert gefährlich über ihm baumelte. Als der König am nächsten Tag wieder selbst dort Platz nahm, hatte er das Schwert natürlich längst wieder abnehmen lassen, denn er war ja nicht blöd.

Nun, soweit kennt jeder diese Geschichte. Aber kaum jemand weiß, dass sie noch lange nicht zu Ende ist.

Nach vielen Jahrhunderten kam ein neuer König, der dachte sich, dass so ein Schwert ganz wunderbar glänzen und glitzern würde, also wies er seine Leute an, ein gewaltiges Schwert aufzuhängen, aber nicht über seinem eigenen Kopf, sondern über den Köpfen der Untertanen. Sicherheitshalber. Das Schwert war neu, glitzerte und glänzte, und warf ein wunderschönes Licht in den Festsaal.

Die Menschen blickten nach oben und waren beunruhigt, aber der König sagte, schaut nur, wie schön das Schwert glitzert und glänzt, und es ist immerhin an zwei Fäden aufgehängt, da kann gaar nix passieren.

Viele der Untertanen waren zufrieden und freuten sich, sie riefen einander zu: Schaut nur, wie das glitzert und glänzt, jetzt werden unsere Feste noch schöner. Aber es gab doch auch ein paar Leute, die mit dem Schwert über ihrem Kopf nicht so wirklich glücklich waren. Sie gingen zum König und baten ihn: „Lieber König, häng doch bitte das Schwert wieder ab, wir könnten doch auch die Fenster putzen und die Sonne reinlassen, das glänzt doch auch, und ist längst nicht so gefährlich wie ein Schwert.“ Aber der König sprach: „Ihr habt ja keine Ahnung wie teuer Fensterputzen ist … das Schwert bleibt, wo es ist.“

„Aber wenn das Schwert herunterfällt, dann sind wir alle tot“, sagten die Leute, aber der König sagte: „Nein, nein, ihr würdet weiterleben, …ääh ... in unser aller Erinnerung.“ Die Leute entfernten sich, aber sie waren nicht glücklich.

Da plötzlich zitterte der Boden, ein Erdbeben lies das Haus wackeln und auch das Schwert schaukelte bedrohlich. Da kamen die Leute wieder zum König, es waren sogar ein paar mehr geworden, und sie sagten: „Wir sind beunruhigt, lass doch das Schwert abhängen.“ Aber der König erwiderte „Dieses Schwert kann auch beim stärksten Erdbeben nicht herunterfallen, das Schwert bleibt, wo es ist.“
Die Leute sagten, „aber wenn ein starkes Erdbeben die Fundamente zerstört, dann fällt es doch herunter.“ „Nein, nein“, sagte der König, „das Schwert hält jedes Erdbeben egal welcher Stärke aus, das Erdbeben muss halt sehr weit weg von hier stattfinden.“ Da wurde die Zahl derer, die unzufrieden waren, noch ein bisschen größer.

Einige der Leute begannen heimlich, auf eigene Faust die Fenster zu putzen, es war leichter als gedacht und brachte einen wunderbaren Glanz in den Saal. Als der König das sah, rief er: „Ihr Irren, was verschwendet ihr eure Zeit mit Fensterputzen, wir haben doch das Schwert, das funkelt und glänzt. Was tut ihr denn, wenn die Sonne nicht scheint?“

Die Leute riefen, „dann machen wir die Türen auf und lassen den Wind herein, der weht uns um die Nase und bringt Windräder zum Drehen.“

„Und wenn ihr auch keinen Wind habt?“
    
„Dann öffnen wir die Dachluken und lassen den Regen rein, der malt bezaubernde Regenbögen in die Luft.“

Der König ärgerte sich, aber er ließ das Schwert nicht abhängen.

Mit der Zeit wurde das Schwert alt und stumpf, es musste immer öfter geputzt werden, die Fäden, an denen es hing, mussten immer öfter ersetzt werden, die Nägel in der Decke wurden rostig, die Menschen, die sich beim König beklagten, wurden immer mehr, so dass der König irgendwann nicht anders konnte, als das Schwert abhängen zu lassen.

Da lag das Schwert am Boden, aber die Menschen waren immer noch nicht glücklich. „Was macht das Schwert am Boden,“ fragten sie den König, „da kann man stolpern und sich den Arm brechen oder man schneidet sich..“

Der König musste eingestehen, dass er gar keinen Lagerplatz für das alte Schwert hatte, es musste dort in einer Ecke des Raumes liegenbleiben, viele tausend, ja sogar eine Million Jahre, bis es dann irgendwann von alleine zerfallen und verschwunden wäre.

„Du und deine blöden Ideen“, sagten die Menschen, „für ein bisschen Glitzer und Glanz hast du unser Leben und das unserer Urenkel bis in alle Ewigkeit riskiert, dabei hätte man ganz einfach die Sonne, den Wind und das Wasser nutzen können.“

An dieser Geschichte merkt man, dass so ein Damoklesschwert über der Bevölkerung keine kluge Idee ist, unser Damoklesschwert in dieser Region ist jetzt stumpf, es ist gut, dass die Gefahr eines schweren Unfalls jetzt geringer ist.

Fessenheim wird nicht das einzige Atomkraftwerk Frankreichs sein, das in diesen Jahren abgeschaltet wird. Frankreich hat beschlossen, den Atomstromanteil von heute über 70% auf maximal 50 % im Jahr 2035 zu reduzieren. Diese Entscheidung hängt auch mit dem Desaster des AKW Neubaus in Flamanville zusammen, die Bauzeit ist inzwischen mit 15 Jahren 3 mal so lange wie vorgesehen und die Kosten mit 12 Milliarden Euro 4 mal so hoch. Allein im letzten Jahr wurde in Frankreich fast doppelt so viel regenerative Leistung neu installiert, wie dieses neue Kraftwerk eventuell einmal haben wird.


Geniest diesen ersten Abend nach der endgültigen Abschaltung des AKW Fessenheim, wir freuen uns mit den alten Freundinnen und Freunden aus den vielen Anti- Atom Bürgerinitiativen und Verbänden auch im Elsass und in der Schweiz, wir freuen uns und werden diesem Tag immer im Kalender einen besonderen Platz geben, diesem Tag 1 des französischen Atomausstiegs.

Ich danke euch dafür, dass ihr da wart und durchgehalten habt, nicht nur jetzt und heute, nein, ich meine damit die letzten 50 Jahre. Danke.

 

 

 

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